Rede von ÖKG-Kuratoriumsvorsitzenden Michael Wögerer zum 58. Todestag von Ernesto „Che" Guevara 

65 Jahre Blockade, 58 Jahre ohne Che – Der Kampf geht weiter!

¡Queridas compañeras y compañeros!
Liebe Genossinnen und Genossen!
Freundinnen und Freunde Kubas!

Bevor ich über die großen politischen Zusammenhänge spreche, möchte ich euch eine ganz persönliche Geschichte erzählen – die Geschichte meiner ersten Begegnung mit Che Guevara und meiner kürzlich beendeten Reise auf seinen Spuren durch Lateinamerika.

Ich war 16 Jahre alt und wollte, wie viele Jugendliche in der Pubertät, gegen die Ordnung in Schule und Gesellschaft rebellieren. Ich tat dies anfangs ausgesprochen oberflächlich: Lange Haare, laute Musik und den ersten Tabak rauchen. Durch Zufall entdeckte ich im Kleiderschrank meines älteren Bruders ein rot-schwarzes T-Shirt mit dem Konterfei eines rebellischen Mannes auf der Vorderseite und einem aufmüpfigen Spruch auf der Rückseite: "fuck you i wont do what you tell me" – das fand ich damals ziemlich passend, um es beinahe täglich für die Schule anzuziehen.

Zu meinem Missfallen ignorierten die Lehrer meine 'revolutionäre Verkleidung', bis zu jenem Tag, als mich meine progressive Englisch-Professorin fragte, ob ich denn überhaupt wisse, wer dieser Mann auf meinem T-Shirt sei? Ich verneinte. Meine Lehrerin schmunzelte und verriet mir, dass es sich dabei um das berühmte Che-Bild Guerrillero Heroico handelt. Als 'kleine Strafe', was sich später als große Belohnung herausstellen sollte, bekam ich die Aufgabe, in zwei Wochen ein Referat über den Mann auf dem T-Shirt zu halten. So lernte ich Ernesto Guevara de la Serna aus Rosario kennen und diese Begegnung veränderte mein Leben.

Jahrzehnte später führte mich diese Begegnung nach Lateinamerika – auf die Spuren des jungen Che. Erst vor wenigen Monaten war ich in Argentinien und konnte die Orte besuchen, die den Mann prägten, der später die Welt verändern sollte. Von Caraguatay in der Provinz Misiones, wo seine rebellischen Eltern Celia de la Serna und Ernesto Rafael Guevara Lynch 1928 ihr erstes gemeinsames Zuhause aufbauten, über Rosario, wo Ernestito am 14. Juni 1928 das Licht der Welt erblickte, bis nach Alta Gracia bei Córdoba, wo der junge Che einen Großteil seiner Kindheit und Jugend verbrachte, nachdem er mit zwei Jahren seinen ersten Asthmaanfall erlitt.

Ich kann von Glück sprechen, durch Che auch auf die Geschichte der kubanischen Revolution und die Idee des Sozialismus gestoßen worden zu sein. Meine oberflächliche Rebellion verwandelte sich dadurch in ein tiefgründiges Wissen über die Notwendigkeit des Kampfes der Menschheit für Freiheit und Gerechtigkeit.

Obwohl aus bürgerlichem Haus und ohne Not in Argentinien aufgewachsen, erkannte Ernesto Che Guevara bereits in jungen Jahren die Ungerechtigkeiten, die es auf der Welt – vor allem in Lateinamerika – gab und heute noch gibt. Die Erfahrungen, die er auf seinen Reisen durch Südamerika sammeln konnte, erfüllten ihn mit jenem revolutionären Bewusstsein, das er in seinen späteren Jahren immer wieder unter Beweis stellte.

Der Nachwelt gab er dazu folgenden Satz auf den Weg: „Seid vor allem immer fähig, jede Ungerechtigkeit gegen jeden Menschen an jedem Ort der Welt im Innersten zu fühlen. Das ist die schönste Eigenschaft eines Revolutionärs."

Diese Worte haben heute, 58 Jahre nach seinem Tod, eine erschreckende Aktualität erhalten. Denn die Ungerechtigkeit, die Che damals anprangerte, hat sich in eine systematische Aggression verwandelt, die seit 65 Jahren gegen ein ganzes Volk gerichtet ist: die völkerrechtswidrige US-Blockade gegen Kuba – die längste ihrer Art in der Geschichte der Menschheit.

Heute, im Jahr 2025, sehen wir Lateinamerika erneut unter Beschuss. Die Monroe-Doktrin von 1823 erlebt eine aggressive Renaissance. Eine massive US-Militärpräsenz in der Karibik – mit Trägerschiffen, Zerstörern und sogar Atom-U-Booten – bedroht Venezuela und die gesamte Region. Das, was die 33 Mitgliedsländer der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) zur Friedenszone erklärt haben, wird von Washington bewusst torpediert. Der Geist des Che, der einst für die Befreiung ganz Lateinamerikas kämpfte, wird heute mehr denn je gebraucht!

Heute erleben wir, wie diese Unterdrückung konkrete, grausame Formen annimmt: Über 80 Prozent aller Kubaner leben seit ihrer Geburt unter dem Druck der US-Blockade. Kinder erblinden, weil lebenswichtige Medikamente fehlen. Krebspatienten sterben, weil Chemotherapeutika blockiert werden. Täglich verliert Kuba mehr als 20 Millionen US-Dollar durch die Blockade – Geld, das dringend für Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente benötigt wird.

Und doch – und das hätte Che mit Stolz erfüllt – lässt sich das kubanische Volk nicht brechen! Während die USA Kuba als "Terrorstaat" verleumden, sendet die Insel ihre "Armee der weißen Kittel" in alle Welt. Über 3.700 kubanische Ärzte halfen während der COVID-19-Pandemie in 39 Ländern. Von Ebola in Westafrika bis zu COVID-19 in Europa – kubanische Ärztebrigaden retten weltweit Leben und verkörpern damit Ches Internationalismus in reinster Form.

„Seien wir realistisch. Versuchen wir das Unmögliche." Dies ist wohl eines der berühmtesten Zitate, das Ernesto Che Guevara zugeschrieben wird. Er will uns damit sagen, dass wir nicht müde werden sollen, für eine gerechte Welt zu kämpfen. Egal an welchem Ort! Egal wie aussichtslos es erscheinen mag!

Che Guevara war und ist Symbol der Jugend, die sich gegen die herrschende Ungerechtigkeit zur Wehr setzt, und Symbol eines Kampfes, der so lange nicht zu Ende geht, wie Ausbeutung und Unterdrückung in dieser Welt herrschen.

Heute, 58 Jahre nach seinem Tod, ist sein Vermächtnis lebendiger denn je. Denn in Kuba lebt sein Geist weiter – in einem Volk, das trotz aller Widrigkeiten nicht kapituliert, Ärzte statt Soldaten in alle Welt sendet und das "teilt, was es hat, statt gibt, was es übrig hat".

Deshalb und aus vielen Gründen, sind wir solidarisch mit Cuba und sagen laut:

¡Basta ya! – Schluss mit 65 Jahren Blockade!
¡Seamos como el CHE! – Seien wir wie CHE!
¡Hasta la victoria siempre!

 

Categoría
Bloqueo
Eventos
Relaciones Bilaterales
Solidaridad
RSS Minrex